Kunst am
Weizberg
Eine
Einführung
Die Bereiche der Kunst und der Religion
finden
sich seit langer Zeit in einem gespannten Verhältnis. Bis weit
in
die Neuzeit hinein stand die bildende Kunst ganz im Dienst der
Religion. Sie hatte die Aufgabe, die religiösen Inhalte in
Bilder
zu fassen, um die Lehre der Kirche allen Schichten zugänglich
zu
machen. Mit der Aufklärung "und ihrer Vorstellung, sich selbst
zu
emanzipieren, indem die Vernunft einen gottähnlichen Status
erhält", trennte sich die Kunst von der Religion, sie wurde
autonom.
Heute ist die Kunst längst
säkularisiert - die Beziehung zur Kirche zerbrochen. Der
Kunstwissenschaftler und Theologe Johannes Rauchenberger schreibt dazu:
"Die Trennung von Kunst und Kirche ist heute am Ende des 20. und Anfang
des 21. Jahrhunderts so weit vorangeschritten, dass sie kein Thema mehr
ist, so fremd ist man einander, so weit entfernt voneinander, ja so
skurril scheinen die verschiedenen Baukörper und Lebensformen
zu sein." Trotzdem ist der Kunst die Aura des Göttlichen
haften geblieben. Mittlerweile scheint sogar ein Rollenwechsel
stattgefunden zu haben. In Kreisen einer neuen Bildungsschicht wird der
Umgang mit Kunst bereits zu einer Art Ersatzreligion, zumal die
Kunstpräsentation, die Überhöhung von
Künstlern und Ausstellungsmachern mitunter
quasireligiöse Formen annehmen.
Verändert haben sich auch die
künstlerischen Denk- und Produktionsweisen.
Künstlerinnen und
Künstler wenden sich heute Themen aus dem Bereich des Alltags,
der
persönlichen Lebens- und Arbeitsumstände,
gesellschaftlicher
Phänomene und den existentiellen Befindlichkeiten des
menschlichen
Individuums zu, und das Kunstsystem legt vermehrt soziale und
politische Inhalte und Fragestellungen als Beurteilungskriterien an
Kunst an. Verbindungen zeitgenössischer Kunstwerke mit
religiösen Themen sind deshalb nahe liegend, denn beide
Bereiche
beschäftigen sich mit unserer Wahrnehmung und verbildlichen
elementare, existenzielle gesellschaftliche Themen wie Geburts- und
Todeserfahrungen, Leiden, Gewalt, Glück, Liebe, Hoffnung,
Ethik
und Moral, Opfer, Sexualität, Wirklichkeit und Fiktion, das
Absurde, das Unerklärliche.
kunst am spirituellen weg
und einmal jährlich pfingstArt widmen sich
den aktuellen Themen und erkunden deren religiösen und
philosophischen Horizont. Wie lassen sich zeitgenössische
Positionen in Kunst und Kultur zu religiösen Traditionen in
Beziehung setzen? Wie transformiert zeitgenössische Kunst
zentrale Inhalte christlicher Überlieferung? Und welche Rolle
spielt die Kunst im interkulturellen und interreligiösen
Dialog?
Text:
Walter Kratner
Bild: Hannes Schwarz,
Hockende Figur hinter Gittern, 1967
Literatur:
Dorothee Messmer, Kunstmuseum des Kantons Thurgau, Kartause Ittingen
Mag.Dr.Johannes Rauchenberger,Kulturzentrum bei den Minoriten, Graz