EIN BLICK ZURÜCK

Geschichte der Pfingstvision

Entstehung

1988 Zu Ostern treffen sich 12 junge Weizerlnnen im Bildungshaus Johnsdorf/Stmk zu Meditationstagen. Eine intensive Glaubenserfahrung ist der SPIRITUELLE AUSGANGS-PUNKT der Pfingstvision.

1989 Zu Pfingsten gibt es das erste JUGENDTREFFEN in Weiz. Der Grund dafür ist die Uraufführung eines Musicals über Martin Luther King mit Weizer Jugendlichen. Die Katholische Jugend Steiermark nimmt das zum Anlass, um für 1000 Jugendliche ein Treffen im Franziskus-Steinbruch bei Anger zu organisieren.

Jugendliche formulieren zum ersten Mal ihre VISION VON EINEM NEUEN AUFBRUCH IN DER KIRCHE: „Wir haben einen Traum von einem neuen Aufbruch in unserer Kirche. Wir haben einen Traum von Menschen, die Gott erfahren und Gemeinschaften bilden. Wir haben einen Traum von Christinnen, die das Dunkel in der Welt licht machen und die Botschaft von der Befreiung verwirklichen.”

Das Leitwort hinter dieser Vision heisst: „Je spiritueller, desto solidarischer.“
Dieses Motto begleitet den ganzen weiteren Weg der Pfingstvision.

1990 Als erstes Solidarprojekt wird CHRISTINA LEBT gegründet. Aus einem politischen Arbeitskreis, der sich mit der Situation von behinderten Menschen in Weiz beschäftigt, entsteht im Laufe der Zeit ein Verein zur mobilen Betreuung und Integration von Menschen mit Behinderung. Im Laufe der Zeit wird der Verein zu einer großen, innovativen Sozialeinrichtung für die ganze Region.
Die Solidaritätsgruppe AXÉ bildet sich. Sie unterstützt die Arbeit von P. Günther Zgubic – ehemals Kaplan in Weiz – als Koordinator der Gefängnisseelsorge in Brasilien.

1993 Das Thema des Jugendtreffens heißt „Bau meine Kirche wieder auf! Der Wiener Pastoraltheologe PAUL M. ZULEHNER kommt zum ersten Mal nach Weiz. Er wird zu einem sehr wichtigen Wegbegleiter der Weizer Bewegung. Durch den indischen Pater Iswar Prasad, der von diesem Jahr an jährlich nach Weiz kommt, wird die Spiritualität der Pfingstvision auch von östlich, indisch-christlichen Elementen geprägt.

1994 In Weiz finden die ersten PASTORALSEMINARE für Erwachsene statt. Es geht dabei in erster Linie nicht darum Glaubenswissen zu vermitteln, sondern Glaubenserfahrungen zu ermöglichen. Viele Teilnehmerlnnen dieser Seminare bringen ihre Charismen in die Bewegung ein.

1995 Im Umfeld der Jugendarbeit entstehen mehrere Solidarinitiativen. Jährliche Meditationstage und Fahrten nach Assisi werden zu wichtigen Quellen des spirituellen Aufbruchs.
In den Turbulenzen der österreichischen Kirche, rund um die Missbrauchsvorwürfe gegen Kardinal Hermann Groer, wird die „Weizer Pfingstvision“ formuliert. Unter dem Titel „Wir brechen auf“ werden 10 Erneuerungsvorschläge für die Kirche in Österreich gemacht. Kardinal Franz König unterschreibt sie als erster. Zum ersten Mal wird Weiz über die Grenzen der Pfarre hinaus bekannt. Der Titel WEIZER PFINGSTVISION wird von da an auch als Name für die Bewegung verwendet.

1996 Aus den Jugendtreffen wird das WEIZER PFINGSTEREIGNIS mit 12-15 Veranstaltungen im Monat vor Pfingsten. Von Anton Bruckner werden im Laufe der Jahre

alle Symphonien aufgeführt. Es gibt Pfingstsymposien für Führungskräfte. Inhaltlich sind die Veranstaltungen spirituell, solidarisch und kulturell geprägt.

1997 Es bildet sich ein LEITUNGSTEAM für die Weizer Pfingstvision; das sogenannte „Team 7“. Von diesem Team gehen alle weiteren Entwicklungen der Bewegung aus. Die Mitglieder machen jährlich Exerzitien mit SR. ISHPRIYA im Zentrum „Die Quelle” am Wechsel.

Jedes Jahr im Sommer werden Pilgerreisen organisiert; nach Rom, Santiago, Jerusalem, Benares.

1999 FRANZ KARDNAL KÖNIG predigt zu Pfingsten in Weiz. Er sagt: „Einige Zeit vor dem letzten Konzil wurde Papst Johannes XXIII. gefragt, was er sich denn eigentlich vom Konzil erwarte. Seine Antwort war: „Ich erwarte mir ein neues Pfingsten” – und so ähnlich antworte auch ich, wenn ihr mich fragt, warum ich heute nach Weiz gekommen bin: Ich erwarte mir von eurem Weizer Treffen ein neues Pfingsten

Eine Vision ist etwas Lebendiges. Sie entwickelt sich. Die Vision eines Aufbruchs in der Kirche weitet sich zur VISION EINES NEUEN PFINGSTEN. In der christlichen Tradition ist Pfingsten die Erfahrung des Geistes Gottes und die Erfahrung, dass sich Menschen aller Nationen und Traditionen verstehen. Mit der Vision eines neuen Pfingsten sind jetzt alle Menschen gemeint, die offen sind für die Erfahrung Gottes; unabhängig von deren Weltanschauungen und religiösen Bekenntnissen. Dabei geht es darum, dass Menschen im Geist Gottes leben und so einen grundlegenden Wandel der Gesellschaft bewirken können.

2001 Im Zuge einer steirischen Landesausstellung zum Thema “Energie” kann das Projekt SPIRITUELLER WEG umgesetzt werden. Ein moderner Pilgerweg wird von der Stadt Weiz hinauf auf den Weizberg angelegt. Der Weizberg entwickelt sich zu einem spirituellen Zentrum. Persönlichkeiten wie Henri Boulad, Sr. Ishpriya oder P. Iswar Prasad werden zu geistigen Wegbegleiterlnnen der Pfingstvision.

Gleichzeitig werden in der Pfarre Weiz mit großem Einsatz und finanziellen Aufwand sämtliche kirchlichen Gebäude restauriert.

2002 ZEITGENÖSSISCHE KUNST UND GEGENWARTSKULTUR wird zu einem wichtigen Markenzeichen der Weizer Pfingstvision. Das Pfingstfestival „pfingstART” wird gegründet. Kurator Walter Kratner organisiert von da an, jedes Jahr vor Pfingsten, ein Mehrspartenfestival mit Musik, Literatur und Bildender Kunst. Die bekanntesten österreichischen AutorInnen kommen nach Weiz, wie Josef Winkler, Barbara Frischmuth, Ilija Trojanow, Sabine Gruber, Felix Mitterer, Franz Schuh, u.v.a.m.

Im Laufe der Zeit entstehen mehrere Kunstinstallationen im öffentlichen Raum. Walter Kratner errichtet am Weizberg „Porajmos“ – ein Mahnmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Roma und Sinti, eine Kunstinstallation in der alten Kegelbahn und den „Schwebebalken“ am Platz der Stille.

www.pfingstart.at

2005 Aus Anlass des 40. Jahrestages des 2. Vatikanischen Konzils findet im Dezember eine KONZILIARE NACHT statt. Bei dieser Versammlung entsteht die Idee zur Gründung der regional, globalen Basisinitiative Solidarregion Weiz.

Die SOLIDARREGION WEIZ ist überparteilich und überkonfessionell. Ziel ist es, den gerechten Zusammenhalt (Solidarität) der Menschen in der Region Weiz zu stärken: „Wir schaffen Bewusstsein für globale Zusammenhänge und regionale Chancen. Als Mittel dazu unterstützen wir alternative Ideen und konkrete Vorschläge für soziale, ökologische und wirtschaftliche Nachhaltigkeit in unserer Region. Durch unser Handeln tragen wir damit zu einer gerechteren Welt bei. Wir wollen die Wirtschaft stärken, uns für soziale Gerechtigkeit

einsetzen, den eigenen Energiebedarf reduzieren und den eigenen Lebensstil ändern.”

Heute ist die Solidarregion Weiz ein Verein. www.solidarregion.at

2009 Im Sinne der Vision eines neuen Pfingsten und auch unter dem Eindruck der Weltfinanzkrise im Jahr 2008, wird die Initiative WAY of HOPE gegründet.

Diese interreligiöse und überparteiliche Initiative vernetzt spirituell wache Menschen, die sich der globalen Krise bewusst sind und sich für einen grundlegenden Wandel der Gesellschaft engagieren. Ziele sind: Vernetzen von Menschen, die sich der globalen Krise bewusst sind, Vertiefen der persönlichen Spiritualität, Verändern ungerechter Strukturen und soziales Engagement.

Jedes Jahr finden in Weiz Treffen statt, bei denen Expertlnnen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Kultur und Religion Ideen und Perspektiven für den dringend notwendigen Wandel unserer Gesellschaft entwickeln. www.wayofhope.info

2011 Das Land Steiermark plant Kürzungen im Sozialbudget. Besonders Menschen mit Schwerstbehinderungen wären davon betroffen. Es wird eine KAMPAGNE gestartet. Protestaktionen werden organisiert; zum Beispiel vor der Burg in Graz. Zusammen mit anderen Protestaktionen in der Steiermark, ist dieses Engagement ein Grund dafür, dass die geplanten Kürzungen wieder zurückgenommen werden. www.christinalebt.at

2013 WAY of HOPE-gemeinnützige GmbH wird gegründet.

2014 Die Bewegung bekommt ein eigenes Zentrum, das HANNES-SCHWARZ-HAUS. Es liegt mitten in der Stadt Weiz und ist ideal geeignet für die Arbeit der Bewegung. Die Tochter des bekannten Künstlers Hannes Schwarz stellt es der Bewegung zur Verfügung.

Nach den inhaltlichen Auseinandersetzungen mit den großen globalen Themen, will man sich jetzt einer großen, globalen Herausforderung stellen und sich konkret engagieren.
WAY OF HOPE – FLÜCHTLINGSHILFE entsteht am Beginn der großen Flüchtlingsbewegung. 9 Wohnungen werden in der Stadt angemietet. 50 Flüchtlinge können so optimal betreut werden. Von Anfang an bemüht man sich um eine gute Integration der Geflüchteten. Über diese Arbeit hinaus, versucht man sich gesellschaftspolitisch in der Flüchtlingsfrage zu engagieren; Bewusstsein zu fördern für einen konstruktiven Umgang mit der Flüchtlingsfrage, Heimat zu geben den Asylwerberlnnen, die in der Grundversorgung sind und Integration zu leben mit den anerkannten Flüchtlingen in der Gesellschaft. www.wayofhope.info

2019 Die Ausstrahlung der Weizbergkirche weit über die Region hinaus, ist mit ein Grund, dass Papst Franziskus diese Kirche zu einer Basilika ernennt. Das ist der Anstoß dafür ein neues Projekt zu starten; das PILGERZENTRUM AM WEIZBERG. IM GEIST VON PAPST FRANZISKUS. Das Grundkonzept dafür kann zu Pfingsten 2019 Papst Franziskus persönlich vorgestellt werden. Es soll dies ein zeitgemäßes, spirituell-solidarisches und interkulturelles Zentrum werden.

2020 Für das Pilgerzentrum gelingt es ein EU-Leaderprojekt zu bekommen. Damit kann eine optimale Infrastruktur für das Zentrum geschaffen werden. Von der Basilika Mariatrost in Graz zur Basilika am Weizberg wird der PPAPST-FRANZISKUS-PILGERWEG angelegt. An 7 Stationen können sich Pilger per Online-Guide von Papst Franziskus inspirieren lassen. Monatlich werden Pilgergottesdienste organisiert, zu denen für die Predigt bekannte Persönlichkeiten eingeladen werden, wie Waltraud Klasnic, Michael Chalupka, August Janisch, Josef Riegler, Franz Küberl u.v.a.m. Die Gottesdienste werden live im Internet übertragen. www.pilgerzentrum.eu

2021 Während der Zeit der Pandemie werden zunehmend SOZIALE MEDIEN genutzt. Schon seit 2008 bedient man sich der Plattform „Facebook“. Dieses Medium ist für Bewerbung, Vernetzung und die Organisation von Kampagnen bestens geeignet. PfingsTalks, per Livestream im Internet übertragen, werden zu einem Schwerpunkt im Pfingstprogramm.

2022: Direkt nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine nimmt WAY of HOPE-Flüchtlingshilfe 60 geflüchtete Frauen und Kinder in Weiz auf. Neue Wohnungen werden gemietet und in aller Kürze eingerichtet.
Immer wieder werden Hilfsgüter gesammelt und direkt in die Ostukraine gebracht.

Weiz ist überall.
Der Weg der Weizer Pfingstvision von 1989 bis 1999

Weiz ist überall:

DER WEG DER WEIZER PFINGSTVISION (1999)

von
Mag. Fery Berger
Mag. Johannes L. M. Schweighofer

I n h a l t

* I. Ein bislang zehnjähriger Weg
o Die Anfänge einer Vision
+ Die Anfänge einer Vision, Johnsdorf, Ostern 1988
+ Wir haben einen Traum, Pfingsten 1989
+ Günther Zgubic, Weizer Kaplan geht nach Brasilien

o Die Jugendtreffen
o Die Weizer Pfingstvision
o Das neue Pfarrzentrum am Weizberg
o Das Weizer Pfingstereignis
o Bewegung aber nicht „movimento“
o Wider ein idyllisches Bild

* II. Was läßt sich übertragen?
o Spirituelle Erfahrungsräume
+ Pastoralseminar in Weiz
+ Andere spirituelle Zugänge
o Netze der Solidarität
+ Christina lebt
+ Netz der Aufmerksamkeit
+ Netzwerk Solidarität
o Konziliare Prozesse
+ Weizer Pfarrkonzil
+ Konziliare Treffen

* III. Bausteine für eine neue Gestalt von Kirche
o Aufbruch geschieht aus der Kraft der Vision.
o Quelle des Aufbruchs sind spirituelle Erfahrungsräume.
o Quelle des Aufbruchs sind Netze der Solidarität
o Aufbrüche geschehen durch konziliare Prozesse
o Erneuerung geschieht in der Öffnung zur Welt
o Eine neue Gestalt von Kirche ereignet sich besonders als Sammlungsbewegung an den Rändern der Kirche.
o Es ist die Stunde der Laien, besonders die der Frauen.
o Es gilt Energien für etwas und nicht zuerst gegen etwas einzusetzen.
o Leitung geschieht zunehmend in offenen, prozessorientierten Teams.
o Aufbruch ist letztlich Geschenk.

* I. Ein bislang zehnjähriger Weg
o Die Anfänge einer Vision
+ Die Anfänge einer Vision, Johnsdorf, Ostern 1988
Zu Ostern 1988 fuhren 12 Jugendliche aus Weiz in das oststeirische Bildungshaus Johnsdorf zu Meditationstagen. Die Einladung dazu kam von Jugendleiter Fery Berger. Aus persönlichen Erfahrungen während eines längeren Indienaufenthaltes stammte seine Idee „Exerzitien für Jugendliche“ zu erarbeiten. Was vor allem als Motivation für GruppenleiterInnen gedacht war, wurde zu einem intensiven, gemeinsamen Glaubenserlebnis. Aus dieser ersten Gruppe entstand eine Gemeinschaft, die im Kern bis heute besteht und versucht Leben und Glauben miteinander zu teilen. Die viertägigen Meditationstage zu Ostern fanden von da an jährlich statt und entwickelten sich zu einem ersten, wichtigen Grundstein der Jugendarbeit in Weiz.
+ Wir haben einen Traum, Pfingsten 1989
Bei einer Tagung über kirchliche Jugendarbeit in Salzburg entstand die Idee, in Weiz ein Jugendtreffen abzuhalten. Jugendliche planten ein Musical über Martin Luther King aufzuführen. Der damalige Diözesanjugendseelsorger Hans Schrei machte den Vorschlag, ein steirisches Jugendtreffen unter dem Motto „Wir haben einen Traum“ dazu zu veranstalten. In einem intensiven Prozeß formulierten die 70 Mitwirkenden des Musicals ihre Visionen für Welt und Kirche. Die letzte Vision hieß: „Wir haben einen Traum von einem neuen Aufbruch in unserer Kirche. Wir haben einen Traum von Menschen, die Gott erfahren und Gemeinschaften bilden. Wir haben einen Traum von Christen, die das Dunkel in der Welt licht machen und die Botschaft von der Befreiung verwirklichen.“
+ Günther Zgubic, Weizer Kaplan geht nach Brasilien

Zu den 12, die zum ersten Mal in Johnsdorf waren, gehörte auch der damalige Kaplan von Weiz, Günther Zgubic. Er entschloß sich als Priester nach Sao Paolo zu gehen. Zuerst leitete er dort eine Vorstadtpfarre. Dann lebte er einige Zeit auf der Straße mit den Ärmsten, bis er Gefängnisseelsorger in Sao Paolo wurde. In Weiz wurde seine Arbeit von der Solidaritätsgruppe Axé begleitet. Gerade in diesem Engagement kam es im Lauf der Jahre immer wieder zu starken Aufbruchserfahrungen. Vom Austausch Jugendlicher aus Sao Paolo und Weiz für ein halbes Jahr bis zu einer internationalen Kampagne gegen die Folter in den Gefängnissen Brasiliens, reichte die Zusammenarbeit. Politisches Engagement und Solidaritätsgruppen wie Axé, wurden zu einem weiteren wichtigen Grundstein der Arbeit mit Jugendlichen.
o Die Jugendtreffen
Was sich als Aufbruch in Weiz entwickelte, hat seine Wurzeln in der Jugendarbeit. Zum dritten Grundstein dieser Arbeit wurden die jährlich stattfindenden Jugendtreffen. 500 bis 1000 Menschen aus der ganzen Steiermark kamen jährlich zu Pfingsten nach Weiz. Wichtig war dabei das kreative, musische Element. Während dieser Zeit wurden drei Musicals selbst erarbeitet. Es entstand so ein eigenes Weizer Liedgut. Die Themen für die Treffen wurden zuerst vom Konziliaren Prozeß aus Basel übernommen, bis 1993 das Motto „Bau meine Kirche wieder auf!“ im Mittelpunkt stand. Dazu wurde erstmals Prof. Paul M. Zulehner nach Weiz eingeladen, der von da an den Weizer Prozeß theologisch und freundschaftlich begleitete. Bischof Johann Weber diskutierte im Franziskussteinbruch mit den Jugendlichen über diese franziskanische Kirchenvision.
o Die Weizer Pfingstvision
1995 war „Je mystischer, desto geschwisterlicher“ das Thema des Jugendtreffens. Kardinal König hatte zugesagt nach Weiz zu kommen. Genau in die Vorbereitungen des Treffens nahm die „Affäre Groer“ ihren spektakulären Anfang. Man hörte erstmals von einem Kirchenvolksbegehren aus Tirol. In dieser aufgeladenen Situation wurde im Vorbereitungsteam des Pfingsttreffens die Idee geboren, eine Vision in Form von Selbstverpflichtungen zu formulieren. Wie möchten wir als ChristInnen leben, daß sich Kirche erneuern kann? Die Weizer Pfingstvision war geboren. Was zuerst als Grundlage für die TeilnehmerInnen des Treffens gedacht war, wurde über Nacht durch Medien bekannt. Die Weizer Pfingstvision wurde an alle Pfarren in Österreich versandt und von über 27000 Menschen unterschrieben.
o Das neue Pfarrzentrum am Weizberg
Im selben Jahr wurde mit dem Abschluß der Renovierung des Pfarrhofes ein großes pastorales Zentrum geschaffen. Von vielen mit einem Kloster verglichen, bot das neue Pfarrzentrum am Weizberg optimale Voraussetzungen um dem Gewachsenen Raum zu geben. Ein ganz neuer Schwerpunkt entwickelte sich. Der Weizberg wurde auch zu einem Kulturzentrum. Zur Eröffnung gab es eine Ausstellung unter dem Motto „Unbedingte Zeichen. Glaube und Moderne an der Schwelle“ mit 50 bekannten KünstlerInnen. Inzwischen haben schon Künstler wie Siegfried Anzinger, Hannes Schwarz, Günter Waldorf oder Josef Fink im herrlichen Kellergewölbe des Pfarrzentrums ausgestellt. Mit der modernen Gestaltung der neuen Emanuelkapelle, einer Seitenkapelle der Weizbergkirche, durch die Künstler Schwarz, Rauchenberger und Eisenköck entstand ein ehrliches, überzeugendes Juwel zeitgenössischen Sakralbaus. Als Abschluß der Renovierung des Pfarrzentrums entschied der Pfarrgemeinderat auch die „innere Pfarrenovierung“ nicht zu vergessen. Es wurde die Idee geboren, ein Pfarrkonzil in Weiz abzuhalten.
o Das Weizer Pfingstereignis
1993 fand in der Pfarre Weiz das erste Pastoralseminar statt. Dieser „Gemeinde-Glaubenskurs“ wurde zu einem Schwerpunkt der pastoralen Arbeit und findet seitdem jedes Jahr statt. Dadurch kamen auch zunehmend Erwachsene zu den Jugendtreffen hinzu. Im Lauf der Jahre entstand so ein mehrtägiges Weizer Pfingstereignis. Den Mittelpunkt bildet am Pfingstsonntag das Weizer Pfingsttreffen. Ein eigenes Jugendprogramm, eine Vernissage und die Weizer Solidargespräche bilden die weiteren Schwerpunkte. Jedes Jahr wird eine Symphonie von Anton Bruckner aufgeführt. Die spirituelle Dimension und visionäre Kraft seiner Musik bereichert in besonderer Weise das Weizer Pfingstereignis.
o Bewegung aber nicht „movimento“
Ein wichtiges Prinzip in Weiz war es immer, daß keine exklusiven Gruppen innerhalb der Pfarre entstehen und die Pfarre so gespalten wird. Die Bewegung, die immer wieder spürbar wurde, sollte nicht in einen Verein oder irgendeine Gruppierung münden. Die Pfarre sollte bewußt der Ort der Bewegung bleiben. So ist die Struktur der Weizer Pfingstvision sehr schlank. Ein „Team Pfingstvision“ zieht sich jährlich einmal zu einer Klausur zurück, um grundsätzlich den Prozeß zu reflektieren. Das Pfingstereignis wird in mehreren, prozeßorientierten, offenen Teams vorbereitet. Es gibt weder eine Mitgliedschaft, noch irgendwelche anderen speziellen Riten.
o Wider ein idyllisches Bild
Von einer Außensicht betrachtet, könnte man durchaus ein falsches Bild von der Pfarre Weiz bekommen. Neben dem hier erzählten, könnten im gleichen Atemzug Probleme genannt werden, die es überall sonst in der Kirche auch gibt. Volkskirchliche Strukturen bröckeln ab. An die 60 KatholikInnen verlassen jährlich die mit knapp 16.000 KatholikInnen größte Pfarre der Steiermark. Es gibt Spannungen und Konflikte. Ein Prozeß um eine neue Friedhofsordnung beschäftigte lange Zeit die regionalen Medien. Man kann Weiz auch nicht als die „Reformpfarre“ bezeichnen. Lebendig ist jedoch die Erfahrung, daß es immer wieder mitten im Sterben einer alten Gestalt von Kirche anfanghaft Aufbruchserfahrungen gab. Die Frauen, die früh am morgen zum Grab gehen und dort Auferstehung erleben, mußten vorher durch die Hölle des Todes. Der Engel sagt ihnen, daß Jesus nach Galiläa vorausgegangen sei. Sie sollen den Jüngern ausrichten, daß sie aufbrechen und Jesus nach Galiläa nachgehen. Aufbruch ist eine Reaktion auf persönliche Todes und Auferstehungserfahrungen. Durch Brüche hindurch geschieht Aufbruch. Eine Bewegung entsteht, wenn sich viele solche Erfahrungen bündeln. Auch in der „Weizer Bewegung“ gab es Brucherfahrungen, die im nachhinein betrachtet aber immer wichtige Entwicklungsschritte einleiteten.

* II. Was läßt sich übertragen?

Aus dem bis jetzt Geschilderten, stellt sich die Frage: „Ist das ein spezifisch Weizer Weg, oder lassen sich Erfahrungen auch woanders hin übertragen?“ Es gibt kein „Weizer Modell“, das eins zu eins übernommen werden könnte. Es gibt keinen Menschen, der quasi am Reißbrett den Weizer Weg entworfen hätte. Der Weg entstand beim Gehen. Wohl gibt es Erfahrungen in Sachen Aufbruch, die überall gemacht werden können und so auch übertragbar sind. Wenn man auf die zehn Jahre zurückschaut, so lassen sich drei Quellen ausfindig machen, aus denen heraus immer wieder Aufbrüche spürbar geworden sind. Es sind dies: Spirituelle Erfahrungsräume, Netze der Solidarität und Konziliare Prozesse.

o Spirituelle Erfahrungsräume
Kaum ein Zitat wird in der heutigen Kirchendiskussion öfter verwendet, als das von Karl Rahner: „Der Christ der Zukunft wird ein Mystiker sein, einer, der etwas erfahren hat, oder er wird nicht sein.“ Alles deutet darauf hin, daß wir uns in der Kirche in einer epochalen Übergangssituation befinden. Die persönliche, freie Entscheidung als ChristIn heute zu leben, wird immer wichtiger. Traditionen und katholische Sozialmilieus verlieren rapid an Bedeutung. Wie finden Menschen heute zu einer solchen bewußten Entscheidung? Glaube ist zuallererst Erfahrung. Fehlt diese Erfahrenheit, verkommt überlieferter Glaube und verdunstet nach und nach in unserer Kultur. Wo können heute Menschen Erfahrungen im Glauben machen? Wo gibt es Orte und Räume für eine urpersönliche Gotteserfahrung?. Es gilt, Menschen hinzuführen vor das Geheimnis, das ihr Leben im Grunde immer schon ist. Man kann Gotteserfahrung nicht machen. Aber man kann Situationen behutsam „inszenieren“, in denen Gott nachgespürt werden kann. Es braucht eine Kundigkeit, Gott im eigenen Lebenshaus, in der eigenen Lebensgeschichte, aufzuspüren.
+ Pastoralseminar in Weiz
Das Pastoralseminar ist eine österreichweite Initiative, die von den Pastoralämtern der Diözesen ausging. Ähnlich dem Grundkurs gemeindlichen Glaubens sollte ein eigenes pastorales Instrument der Gemeindeentwicklung für Österreich entworfen werden. Dazu wurden aus ganz Österreich MentorInnen ausgebildet. In Weiz wurde zum ersten Mal 1993 ein solches Pastoralseminar abgehalten. Es hat sich inzwischen zu einem sehr wertvollen „Instrument des Aufbruchs“ entwickelt. Acht Mal wurde es bis jetzt mit je 12-15 TeilnehmerInnen durchgeführt. Zu einem der Charakteristika des „Weizer Pastoralseminars“ zählt, daß zunehmend auch Menschen, die eher außerhalb der Kirche stehen, dafür gewonnen werden können. Eine Sammlungsbewegung an den Rändern der Kirche wird immer stärker spürbar. Gerade von den TeilnehmerInnen an diesen Seminaren ging in den letzten Jahren Neues und Innovatives in der Pfarre aus.
# Ziel
Ziel des Pastoralseminars ist es, in einer kleinen Gemeinschaft die Sinne zu öffnen für die Spuren Gottes im eigenen Leben. In einem offenen Prozeß geht es darum, der je eigenen Berufung bewußt zu werden. Mit einem neuen Blick auf Kirche, sollen die eigenen Charismen entdeckt und auf die Gemeinde hin entfaltet werden.
# Inhalte
Es gibt keinen endgültig fixierten Themenkatalog. Das Pastoralseminar wird in einem Team gründlich reflektiert und entwickelt sich so Jahr für Jahr weiter. Trotzdem haben sich in den letzten Jahren folgende Themen als sehr wesentlich erwiesen:
* Sich Kennenlernen – „Die Schildkröte“
* Den aufrechten Gang lernen – „Die Moldau“
* Zeichen der Zeit
* Meine Glaubensgeschichte
* Christus – Begegnungen
* Situation der Kirche – Unsere Pfarre
* Unsere Vision von Kirche
* Meine Charismen
# Durchführung
In Weiz hat sich inzwischen ein Team von sieben MentorInnen gebildet. Jedes Pastoralseminar wird von zwei bis drei MentorInnen begleitet. Die Arbeit in einem Team ist für das Gelingen des Seminars außerordentlich wichtig. Zwischen jedem Seminar treffen sich die MentorInnen, um zu reflektieren und das nächste Treffen vorzubereiten. Eingeladen wird zum Pastoralseminar durch das Pfarrblatt. Besonders wichtig ist aber die persönliche Einladung durch die MentorInnen. Gerade dadurch können auch Menschen angesprochen werden, die nicht zum engeren Kreis der Pfarre gehören. Folgender zeitlicher Rahmen hat sich für das Seminar sehr bewährt. Es beginnt mit einem offenen Informationsabend und vier Abenden in der Pfarre. Dann gibt es ein verlängertes Wochenende in einem Bildungshaus. Wieder vier Abende in der Pfarre beschließen das Pastoralseminar. Als oberstes Prinzip für das Gelingen dieses Prozesses hat sich „wirkliche Freiheit“ herausgestellt. Ab dem Zeitpunkt der Einladung bis zum Schluß besteht ein großer Freiraum. Die TeilnehmerInnen haben jederzeit die Möglichkeit, aus dem Prozeß wieder auszusteigen. Persönliche Freiheit ist für geistliche Vorgänge eine unabdingbare Voraussetzung.
+ Andere spirituelle Zugänge
Es gilt, in der heutigen Zeit alle Phantasie und Kreativität dafür aufzuwenden, in der Kirche Orte und Räume spiritueller Erfahrung neu aufzumachen. Der spirituelle Boom im „außerkirchlichen, freien Markt“ zeugt von einem großen Bedürfnis vieler ZeitgenossInnen nach solchen Erfahrungen. In Weiz hat es in den letzten Jahren verschiedenste Formen und Versuche gegeben. Meditationstage für Jugendliche an vier Tagen in einem Bildungshaus haben sich als eine jugendgemäße Form sehr bewährt. Fahrten nach Assisi für Jugendliche und Erwachsene wurden ein weiterer Schwerpunkt. Eine Woche auf den Spuren des Franz von Assisi und der Heiligen Clara, wurde zu einem Gemeinschaftserlebnis mit prägenden Erfahrungen. Ein Hauptanliegen des Pfarrkonzils war es, eine Oase für MitarbeiterInnen zu schaffen. Nach mehreren Versuchen konnte dafür bis jetzt noch keine richtige Form gefunden werden. In letzter Zeit entstand eine Gruppe in der Fastenzeit, die Fasten aus einer spirituellen Dimension heraus praktiziert. Kleinere Gruppen machen im Sommer Exerzitien. Beim Pfingstereignis 1999 gab es zum ersten Mal eine spirituelle Nacht. Auch Exerzitien im Alltag sollen in Zukunft in Weiz abgehalten werden.

o Netze der Solidarität
Solidarität ist in unserer Gesellschaft zur Überlebensfrage geworden. Obwohl wir in Österreich zu den reichsten und sozial abgesichertsten Ländern der Erde gehören, kommen verstärkt große, soziale Herausforderungen auf uns zu. Man könnte die wichtigsten Fragen in den „Vier-A-Begriffen “ Arbeit, Armut, Alt-Jung und Andere Welt zusammenfassen. Laut der von Paul M. Zulehner mitverfaßten Solidarcharta wird in Zukunft die Mesoebene in unserem Sozialwesen an Bedeutung gewinnen. Sozialstaat und Familie sind in vielem überfordert. Viele gesellschaftliche Institutionen befinden sich in einer Krise. Was es braucht sind Solidar-Netzwerke auf der mittleren Ebene. Dort kann Tendenzen der Individualisierung und Entsolidarisierung entgegengesteuert werden. Hier ist genau der Ort, wo sich eine Kirche der Zukunft wiederfinden muß. Überall dort, wo sie sich erlebbar auf der Seite der Schwachen unserer Gesellschaft befindet, kann Aufbruch geschehen.
+ Christina lebt
1991 bildeten sich in der Katholischen Jugend mehrere politische Arbeitskreise. Einer davon machte sich zum Ziel behinderten Menschen zu helfen. Konkret war es die 14-jährige Christina, die an den Rollstuhl gefesselt, keine Arbeit fand. Der Gruppe gelang es mit viel Mühe für sie eine Arbeitsstelle zu finden. Damit hatte ein Prozeß begonnen. Man merkte, daß vor allem Eltern, die rund um die Uhr ihr behindertes Kind pflegen müssen, enorm überbelastet sind. Man entdeckte, daß für die wirkliche Integration Behinderter in unsere Gesellschaft noch viel zu tun ist. 1994 war es soweit. Man gründete den Verein „Christina lebt“. Ziel dieses Vereines ist die mobile Betreuung Behinderter, Familienentlastung und die Integration Behinderter in unsere Gesellschaft. Inzwischen arbeiten im Verein drei Behindertenpädagogen, eine Sekretärin und ein Zivildiener. Neben den Hauptamtlichen stellen auch 12 ehrenamtliche HelferInnen ihre Zeit für Betreuung zur Verfügung. 23 Personen werden vom Verein betreut. Da bis dato keine öffentlichen Gelder für die Finanzierung bereitstehen, muß „Christina lebt“ pro Jahr 500.000S.- durch Benefizveranstaltungen, Basare und Spendenaktionen selbst aufbringen. Der Verein veranstaltet gemeinsame Gottesdienste, ein Integrationscafe, Urlaub am Meer, Feste und leitet eine integrierte Jugendgruppe. Soweit die äußeren Fakten. Das, was „Christina lebt“ besonders auszeichnet, ist der Geist und der Idealismus, der dahinter steht. Hier ist an der Basis etwas gewachsen. Von ein paar wenigen Idealisten ist etwas ausgegangen, das in Weiz inzwischen weit über die Pfarre hinauswirkt. „Christina lebt“ hat in der Öffentlichkeit einen sehr guten Ruf. Viele Gruppen werden von sich aus initiativ, um Benefizveranstaltungen und Spendenaktionen für „Christina lebt“ zu organisieren. Sehr viele sind bereit in irgendeiner Weise einfach mitzuhelfen. Solidaritätsgruppen, wie „Christina lebt“ sind in den letzten Jahren in Weiz mehrere entstanden. Wenn man sie näher analysiert, kann man folgende Entwicklung beobachten:
# Sie entstehen aus einer Not unserer Zeit heraus.
# Sie gehen aus von Menschen, die durch Erfahrung zu Betroffenen geworden sind und die eine Idee haben, etwas zu tun.
# Diese solidarisieren sich in einer Basisgruppe.
# Ein Prozeß beginnt.
Gemeinschaftserlebnisse werden geschaffen. Man analysiert die Situation und entwickelt ein gemeinsames Programm. Eine Struktur mit Leitung und Administration wird aufgebaut.
+ Netz der Aufmerksamkeit
Einer der wichtigsten Beschlüsse des Weizer Pfarrkonzils war das „Netz der Aufmerksamkeit“. Für die vielen Kranken, Alten, Trauernden, Zugezogenen, Ausgetretenen, Behinderten, etc. sollte ein Netz geknüpft werden. Es entstand die Idee, für die ganze Pfarre MitarbeiterInnen zu suchen, die monatlich persönlich das Pfarrblatt von Haus zu Haus tragen. So sollte die Möglichkeit bestehen, persönlich mit vielen Menschen in Kontakt zu kommen und auch aufmerksam zu werden für das Leid der Menschen. Mit großem Einsatz ist es in zwei Jahren gelungen 360 MitarbeiterInnen für diese Aufgabe zu gewinnen. Das Netz der Aufmerksamkeit wurde über die ganze Pfarre geknüpft. Jetzt gilt es diesem Netz inhaltliche Konturen zu geben.
+ Netzwerk Solidarität
Beim Pfingstereignis 1998 wurde das Netzwerk Solidarität gegründet. 18 Solidarinitiativen aus der Region Weiz/Gleisdorf haben sich zu einem Netzwerk zusammengefunden. Alle diese Initiativen sind in den letzten Jahrzehnten an der Basis entstanden. Sie engagieren sich in der Arbeit mit Behinderten, psychisch Kranken, Arbeitslosen, Gehörlosen, Sterbenden, Frauen, Kindern und Bauern. Diese Initiativen kommen aus dem kirchlichen und aus dem außerkirchlichen Bereich. Als Ziel hat man sich gesetzt, soziale Zukunftsthemen für die Region rechtzeitig zu thematisieren und Stimme der Schwachen zu sein. In einem intensiven, offenen Prozeß entschied man sich vier Projekte gemeinsam anzugehen. Es wird ein Weizer Solidargespräch zum Thema „Alt – Jung“ geben. Man will einen „Sozialreader“ für die Region herausgeben und eine Artikelserie über soziale Themen in einer regionalen Zeitung initiieren. Als gemeinsame Aktion wird es ein alternatives Integrationsfest geben. In Zeiten, in denen es sozial kälter wird, die Starken immer stärker werden, ist das Netzwerk Solidarität der Versuch entgegenzusteuern und eine Lobby der Schwachen zu bilden.

o Konziliare Prozesse
+ Weizer Pfarrkonzil
Am 8. Dezember 1965 ging das Zweite Vatikanische Konzil zu Ende. Am 3. Dezember 1995 wurde das Erste Weizer Pfarrkonzil beendet. 30 Jahre nach dem Konzil wurde auf Pfarrebene der Geist des Konzils, der ein Geist des Aufbruchs war, wieder spürbar. Als pilgerndes Volk Gottes hatten sich in Weiz knapp 100 ChristInnen auf den Weg gemacht. Inhaltlich ging es bei diesem Pfarrkonzil um drei Vorgänge:
# eine Visionsfindung für die Pfarre
# eine Vernetzung der Gemeindemitglieder
# Entwicklung von konkreten Schritten zur Umsetzung der Vision
Die Visionsfindung geschah auf dem Hintergrund der Weizer Pfingstvision. Dieser ist es eigen, für die Erneuerung der Kirche einen offensiven, mystisch-politisch-geschwisterlichen Akzent einzubringen. Dieses Anliegen hat sich auch im Pfarrkonzil fortgesetzt. Beim Pfarrkonzil handelte es sich um einen geistlichen Vorgang. So wurde das Pfarrkonzil von sehr vielen (die ganz bewußt darum gebeten wurden) intensiv mit ihrem Gebet begleitet, Zentrum war der gemeinsame Gottesdienst. Aus dieser Mitte erwuchs die Kraft, notwendige solidarische Schritte anzugehen. Die Vorbereitungen hatten schon ein Jahr vorher begonnen, nachdem der Pfarrgemeinderat einstimmig beschlossen hatte, ein solches Konzil abzuhalten. Der Pfarrgemeinderat und alle Hauptamtlichen (Dechant, zwei Kapläne, zwei Diakone, Pastoralassistent) nahmen am Konzil teil. Darüber hinaus wurde eine offene Einladung an alle getauften und gefirmten KatholikInnen der Pfarre ausgesprochen. Bedingung zur Teilnahme war eine schriftliche Anmeldung. Wichtig war, daß „die ganze Pfarre“ beim Konzil vertreten war. Jung und Alt, Progressiv und Konservativ; Akademiker und Hilfsarbeiter, etc. Genau diese Spannung war dann äußerst fruchtbringend für den Verlauf. Um so bemerkenswerter ist es, daß beinahe alle Abstimmungen einstimmig erfolgt sind (mit höchstens vier Stimmenthaltungen; nur einmal gab es eine Gegenstimme). Insgesamt zehn Punkte wurden beschlossen, die Maßstab werden sollten für die Weiterarbeit der Pfarre in den kommenden Jahren. Dabei wurden die innerkirchlich-strukturellen Fragen streng aus dem Blick der pfarrlichen Notwendigkeiten heraus formuliert. Bei einer Pfarrversammlung in Fortführung des Ersten Weizer Pfarrkonzils kristallisierte sich besonders ein Projekt als wichtiges Vorhaben der Pfarre heraus: Ein Netz der Aufmerksamkeit soll geknüpft werden.
+ Konziliare Treffen
Dieses Erste Weizer Pfarrkonzil war ein Anfang, dem pfarrübergreifende Konziliare Treffen in Weiz folgten. Paul M. Zulehner begleitete diese Treffen. Das Erste Konziliare Treffen 1996 sollte dazu dienen, die TeilnehmerInnen in den Vorgang des Weizer Pfarrkonzils einzuführen, und damit zu befähigen, ähnliche Prozesse zu initiieren. Zu diesem Zweck wurden dieselben Schritte wie beim Pfarrkonzil gegangen – nur eben mit über 70 TeilnehmerInnen aus ganz Österreich. Dabei ging es um Visionen und konkrete Reformschritte für Pfarren und Gemeinden in Österreich. Das Treffen endete mit dem Wunsch, ähnliche Treffen alljährlich abzuhalten und als offene, ökumenische Prozesse mit eigener Schwerpunktsetzung fortzuführen. 1997 bis 1999 fanden drei weitere Konziliare Treffen in Weiz statt. Die Themen dieser Treffen waren: Gemeinde als Ort der Solidarität; Pfarranalyse; Gotteserfahrung aus erster Hand „inszenieren“ und Liturgie als Gottesgefahr – Wie werden unsere Gottesdienste zur Kraftquelle? Neben den inhaltlichen Schwerpunkten dienten die Treffen vor allem der österreichweiten Vernetzung von Kirchen-LiebhaberInnen und dem Erfahrungsaustausch.

* III. Bausteine für eine neue Gestalt von Kirche
o Aufbruch geschieht aus der Kraft der Vision.
Das Senfkorn ist das kleinste von allen Samenkörnern. Ist es aber gesät, wächst es höher als viele andere Gewächse. Wenn Geist und Motivation stimmen und wenn die Vision wahr ist, dann kann von ganz wenigen Großes ausgehen. Jeder Aufbruch ist letztlich ein Moment an der „Reich-Gottes-Bewegung“ Jesu.
o Quelle des Aufbruchs sind spirituelle Erfahrungsräume.
Gott ist es, der seine Kirche baut. Die wichtigsten Bausteine sind Menschen, die Gott seiner Kirche hinzufügt. Dazu braucht es Gott-Erfahrene Menschen, Orte und Räume, wo Menschen auf die Spuren Gottes kommen können.
o Quelle des Aufbruchs sind Netze der Solidarität
Die Kirche muss sich, aus dem Evangelium heraus, leidenschaftlich auf die Seite der Schwachen in unserer Gesellschaft stellen. Dies erfordert konkretes, solidarisches Tun. Überall, wo es um die brennenden, sozialen Fragen der Zukunft geht, muss Kirche vor Ort sein.
o Aufbrüche geschehen durch konziliare Prozesse
Das hierarchische Prinzip in der Kirche muss mit dem konziliaren in Gleichklang kommen. Konziliare Prozesse auf allen Ebenen der Kirche sind die Methode, wie Kirche heute ihren Weg durch die Zeit finden kann.
o Erneuerung geschieht in der Öffnung zur Welt
In einem selbstbewussten Dialog mit der Welt geschieht Erneuerung. Der Umgang z. B. mit Medien oder die Auseinandersetzung mit moderner Kunst sind Zeichen von „aggiornamento“. Das Zugehen auf die Welt ist ein wichtiges Prinzip.
o Eine neue Gestalt von Kirche ereignet sich besonders als Sammlungsbewegung an den Rändern der Kirche.
Es braucht neue Kräfte von Außen. Neues und Innovatives geschieht oft durch Menschen, die mit ihrem Blick von Außen Verfestigtes besser erkennen. So ist auch die Struktur der Pfarre der beste Garant dafür, den Blick immer auf alle gerichtet zu haben.
o Es ist die Stunde der Laien, besonders die der Frauen.
Der Übergang zu einer mündigen Kirche des Volkes verlangt den „wirklichen“ Laien. Weder Klerus noch „beamtete“ Laien werden dabei die entscheidende Rolle spielen. Laien, die mit ihrer Berufung mitten in der Welt stehen, werden zuallererst diese neue Gestalt prägen. Frauen waren die ersten Zeuginnen der Auferstehung. Sie brachten die Botschaft vom Aufbruch. Auch heute kommt die Kraft aufzubrechen stark von den Frauen.
o Es gilt Energien für etwas und nicht zuerst gegen etwas einzusetzen.
Eine tief greifende Reform der Kirche ist nur gemeinsam mit der Leitung möglich. Aus der Organisationsentwicklung wissen wir, dass grundlegende Reformen nicht an der Leitung vorbei geschehen können. Es gilt also zumindest einen Teil der Leitung dafür zu gewinnen.
o Leitung geschieht zunehmend in offenen, prozessorientierten Teams.
Je lebendiger Gemeinden werden, desto wichtiger wird gut wahrgenommene Leitung. Effizient und gut zu leiten heißt zunehmend in offenen Teams zu arbeiten. Eine solistisch-kirchliche Planwirtschaft von oben, ist nicht mehr zumutbar. Leitung besteht vor allem darin, Menschen mit ihren gottgegebenen Charismen zu finden, zu ermutigen und zu vernetzen.
o Aufbruch ist letztlich Geschenk.
Das Wesentliche ist nicht machbar. Gott schreibt oft auf krummen Zeilen gerade. Durch das Mysterium von Bruch und Aufbruch hindurch vollzieht sich die neue Gestalt von Kirche.

10 Punkte der Weizer Pfingstvision

Weizer Pfingstvision

Wir brechen auf

Aufruf zu einem Weg der gemeinsamen Hoffnung

1995

Die Kirche befindet sich in einem epochalen Übergang. Um die Chance zur Erneuerung zu nützen, die in diesem Übergang steckt, verpflichten wir uns, folgendes zu leben:

1. Wir wollen aus einer lebendigen Beziehung zu Gott unser Leben und Zusammenleben gestalten.

Gott ist es, der seine Kirche baut (Ps. 127,1). Wir möchten als Kirche ein Moment an der heilenden „Reich-Gottes-Bewegung“ Jesu sein. Deshalb möchten wir uns besonders mit all jenen zusammenschließen, die Gott in der Welt und in ihrem Leben aufspüren wollen. Kirche möchten wir als Weggemeinschaft, die eine Ahnung von der Suche nach Gott hat, erleben.

2. Als Kirche leben wir mit und für Benachteiligte, Randgruppen, Minderheiten, im Leben zu kurz Gekommene.

Wir wehren uns dagegen, dass immer mehr Menschen selbst in reichen Gesellschaften überflüssig werden und in Gefahr geraten, „entsorgt“ zu werden: Sterbende, Ungeborene, Behinderte, Arbeitslose, Kranke und Alte. Wir wollen in Gottes Art „Aug und Ohr sein“ für die vielen leidenden Menschen. Denn wir wissen auch Gott auf ihrer Seite (Ex. 3,7-10).

3. Das Unrecht gegenüber der sogenannten dritten Welt ist uns ein Stachel im Fleisch

Wir wollen uns für Frieden und soziale Gerechtigkeit einsetzen.

4. Die Bewahrung der Schöpfung ist uns ein brennendes Anliegen.

An unserem Handeln soll sichtbar werden, dass es uns um die großen Überlebensfragen der Menschheit geht.

5. In der Gemeinschaft des Volkes Gottes haben alle die gleiche Würde.

Mann oder Frau, Laie oder Kleriker; es gibt nur Berufene und keine Unberufenen. Alle sind gleich viel wert.

6. Offenheit und Dialogbereitschaft sind Wesensmerkmale unserer Kirche.

Jesus selbst hat gesagt (Joh. 18,20): „Ich habe offen vor aller Welt gesprochen. Nichts habe ich im geheimen gesprochen.“

7. Wir wollen am Leben unserer Kirche teilnehmen und sie mittragen

Wir wissen, dass ohne uns die kirchlichen Gemeinschaften ärmer sind und ihre Aufgaben immer weniger erfüllen können. Zeit, Phantasie, Kritik und Freude wollen wir einbringen.

Entscheidungen sollen nur unter Beteiligung der von der Entscheidung Betroffenen gefällt werden.

8. Unsere kirchlichen Gemeinschaften sind offen für alle Lebensformen.

Singles, Alleinerziehende, Wiederverheiratete, Geschiedene, Familien,.. Besonders die Familien möchten wir fördern, damit sie in der heutigen Zeit gelingen können. In unseren kirchlichen Gemeinschaften kann sich daher – wie vor Gott – jede und jeder sehen lassen, vor jeder Leistung und in aller Schuld.

9. Wir wollen eine neue Streit- und Konfliktkultur entwickeln.
Konflikte belasten nicht nur, sie können auch gute Früchte bringen. Die Regeln der Konfliktbewältigung aus der Matthäusgemeinde (Mt. 18, 15-18) gilt es, wieder zu beleben.

10. Das kirchliche Amt ist für uns ein unersetzlicher Dienst an der Gemeinschaft.

Es ist eine schwere Verantwortung in und für die Kirche. Deshalb wünschen wir uns Amtsträger mit Leitungskompetenz, die erfahrene, für das Evangelium gewinnende Seelsorger sind und denen die Kirchenmitglieder vertrauen. Ihre wichtigste Aufgabe ist es, dem Kirchenvolk mit starken Visionen voranzugehen (1. Sam. 3, 1-10) und dabei die Schwestern und Brüder zu stärken (Lk. 22,32).

Weizer Pfarrkonzil 1995

Weizer Pfarrkonzil

Konziliare Prozesse zur Erneuerung der Kirche

Am 8. Dezember 1965 ging das Zweite Vatikanische Konzil zu Ende. Am 3. Dezember 1995 wurde das 1. Weizer Pfarrkonzil beendet. 30 Jahre nach dem Konzil wurde auf Pfarrebene der Geist des Konzils, der ein Geist des Aufbruchs war, wieder spürbar. Als pilgerndes Volk Gottes haben sich in Weiz an die 100 ChristInnen auf den Weg gemacht.

Inhaltlich ging es bei diesem Pfarrkonzil um drei Vorgänge:

* eine Visionsfindung für die Pfarre
* eine Vernetzung der Gemeindemitglieder
* konkrete Schritte zur Umsetzung der entwickelten Vision

Die Visionsfindung geschah auf dem Hintergrund der Weizer Pfingstvision. Dieser ist es eigen, für die Erneuerung der Kirche einen offensiven mystisch-politisch-geschwisterlichen Akzent einzubringen. Diesen Anliegen hat sich auch im Pfarrkonzil fortgesetzt.

Beim Pfarrkonzil handelt es sich um einen geistlichen Vorgang, der offen für Neues ist. So wurde das Pfarrkonzil von sehr vielen (die auch ganz bewußt darum gebeten wurden) intensiv mit ihrem Gebet begleitet, Zentrum war der gemeinsame Gottesdienst. Aus dieser Mitte erwuchs die Kraft, notwendige menschenentfesselnde Schritte (so die Weizer Übersetzung von Politik) anzugehen. Die innerkirchlich-strukturellen Fragen wurden streng aus dem Blick der pfarrlichen Notwendigkeiten heraus formuliert.

Die Vorbereitungen hatten schon ein Jahr vorher begonnen, nachdem der Pfarrgemeinderat einstimming beschlossen hatte, ein solchen Konzil abzuhalten.

Der Pfarrgemeinderat und alle Hauptamtlichen (Dechant, zwei Kapläne, zwei Diakone, Pastoralassistent) nahmen am Konzil teil. Darüber hinaus wurde eine offene Einladung an alle getauften und gefirmten KatholikInnen der Pfarre ausgesprochen. Bedingung zur Teilnahme war eine schriftliche Anmeldung.

Wichtig war, daß die ganze Pfarre beim Konzil vertreten war. Jung und Alt, Progressiv und Konservativ, Akademiker und Hilfsarbeit, etc. Genau diese Spannung war dann äußerst fruchtbringend für den Verlauf. Um so bemerkenswerter ist es, daß beinahe alle Abstimmungen einstimmig erfolgt sind (mit höchstens vier Stimmenthaltungen, nur bei einer Abstimmung gab es eine Gegenstimme).

Für die TeilnehmerInnen wurde es konkret erfahrbar, daß Kirche Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott, wie für die Einheit der ganzen Menschheit sein kann (vgl. LG 1).

Ablauf des Treffens

freitags

18.30 – 19.00 Singen

19.00 Einstimmung
Begrüßung
Lied – Zwei Jungen gingen
Evangelium Lk., 24, 13-35
Bildmeditation zum Evangelium
Gemeinsames Gebet zum Hl. Geist
Segen
Lied – Herr erwecke Deine Kirche

Kennenlernen und Erfahrungsaustausch
Einführung zum Gruppengespräch

Kurzes Vorstellen im Gruppengespräch

was motiviert mich beim Pfarrkonzil mitzumachen?
wo bin ich frustriert in meiner pfarrlichen Arbeit?
was gibt mir Hoffnung?

21.15 Sammelphase im Konzilsaal
Die Gruppenleiter bringen
die wichtigsten Ergebnisse aus den Gesprächen ins Plenum ein.

21.30 Abendlob

Anschließend treffen sich die GruppenleiterInnen, um die wichtigsten Themen zu bündeln und das weitere Programm gegebenenfalls anzupassen.

samstags

9.00 Laudes

9.30 Meine Sehnsucht – unsere Träume von Kirche
In Kleingruppen

Jeder überlegt sich einzeln:

In welcher Kirche von morgen möchte ich leben?
Von wo weg, wohin?

Das wird schriftlich formuliert

In der Gruppe werden schriftlich „Visionsbausteine“
formuliert, auf einen Zettel ein Baustein

11.30 Präsentation der Visionsbausteine im Plenum
Jede Gruppe stellt ihre Visionsbausteine vor.
Es gibt nur Verständnisfragen, keine inhaltliche Diskussion.

12.00 Mittagessen
Ein kleines Team (oder die GruppenleiterInnen) faßt die Visionsbausteine zusammen und ordnet sie der Weizer Pfingstvision zu oder fügt sie als eigenständige Visionen hinzu. Diese Visionen werden auf Plakate geschrieben (gedruckt) und im Raum an die Wände verteilt.
Anhand dieser Plaktate erfolgt dann die Gruppeneinteilung am Nachmittag

14.00 Wege zur Umsetzung in der Pfarre
Lied: Herr erwecke Deine Kirche Die einzelnen Visionen werden kurz vorgestellt. Es finden sich neue Kleingruppen um die einzelnen Visionen In den Kleingruppen In der Gruppe sollen ein bis höchstens drei ganz konkrete Schritte der Umsetzung gefunden werden. Es darf kein Ideenkatalog werden, den andere ausführen müssen. Konkret: Wer ist verantwortlich? Wie ist die Idee überprüfbar? Bis wann soll die Idee realisiert sein? Jede Gruppe bereitet Plakate mit ihren Ideen vor

16.00 Pause

17.00 Vorstellung der Ergebnisse und „Bepunktung“
Die konkreten Vorschläge werden von Gruppensprechern vorgestellt. Es gibt nur Verständnisfragen, die mitgeschrieben werden. Jeder hat fünf Klebepunkte zu vergeben, um die Vorschläge nach der Wichtigkeit zu bewerten.

17.30 Beratung und Beschluß I
Die Vorschläge werden der Reihenfolge nach diskutiert (die Vorschläge mit den meisten Punkten als erste). Falls es notwendig ist, wird abgestimmt. Es genügt die einfache Mehrheit mit Handzeichen. Nur bei Fragen zu Personen wird geheim abgestimmt.

19.00 Abendessen

20.00 Beratung und Beschluß II

22.00 Schlußandacht

Anschließend fast ein kleines Team die Beratungen und Beschlüsse zu einem Konzilsbericht zusammen.

sonntags

Abschließende Beratung und Gottesdienstvorbereitung
Kleingruppen bereiten Teile des Gottesdienstes vor:
Konzilsbericht, Bußakt, Lesung, Fürbitten, Dank, etc.

10.00 Eucharistiefeier der Pfarrgemeinde und Konzilsbericht

Ergebnisse des 1. Weizer Pfarrkonzils

Zehn Schritte der Erneuerung für die Pfarre Weiz

1. Oase für die MitarbeiterInnen
Für die vielen MitarbeiterInnen wird ein Treffpunkt geschaffen, wo sie ihren Wurzeln in Gott nachspüren und geistig auftanken können.

2. Netze der Solidarität
In unserer Pfarre gibt es viele Alleingelassene – Kranke, Alte, Trauernde, Zugezogene, „Austrittswillige“, Ausgetretene, Behinderte, etc. Es gibt auch Leute, die mit offenen Augen Netze der Aufmerksamkeit geknüpft haben. Diese Netze wollen wir verdichten.

3. Zeichen der Solidarität
Als Ausdruck der Solidarität mit einem bei uns lebenden Kurden wird ein offener Brief an den Innenminister geschickt.

Das 1. Weizer Pfarrkonzil unterstreicht die Notwendigkeit einer den christlichen Grundsätzen entsprechenden Begegnung mit Ausländern. Menschen, die sich an unser Land um Hilfe und Aufnahme wenden und die aufgrund der menschenunwürdigen Verhältnisse in ihrem Heimatland kaum die Möglichkeit haben zurückzukehren, sollten in Österreich rasch aufgenommen werden.

Das 1. Weizer Pfarrkonzil solidarisiert sich – als Ausdruck dieser Haltung – ausdrücklich mit dem bei uns lebenden türkischen Kurden Ali Budak. Im Gegensatz zu seinen Familienangehörigen wurde er nicht als Asylant anerkannt. Ali Budak gehört dem sunnitischen Zweig des islamischen Glaubens an.

Er hat Anschluß in der Pfarre Weiz gefunden.

4. Diakone
In unserer Pfarre, der größten in der Steiermark, gibt es sehr große soziale Herausforderungen. Neben den vielen frauen und Männern, die sich dieser Aufgabe stellen, brauchen wir dringend auch amtlich beauftragte Diakone. Daher suchen wir Kandidaten für dieses Amt. Bis Weihnachten besteht die Möglichkeit, neue Kandidaten vorzuschlagen.

5. Diakoninnen
Da sich in unserer Pfarre einige Frauen stark sozial engagieren und es für die Diakonie in unserer Gemeinde sehr wichtig wäre, äußern die TeilnehmerInnen des 1. Weizer Pfarrkonzils den Wunsch, Frauen zu Diakoninnen zu weihen. Diesen Wunsch werden wir der Diözesanleitung vorlegen.

6. Vir Probatus
In unserer Pfarre gibt es eine Teilgemeinde, die beim heutigen Priestermangel in absehbarer Zeit nur mehr sehr schwer einen Priester bekommen wird. Das 1. Weizer Pfarrkonzil schlägt deshalb einen verheirateten Mann, der sich seit langem in der pastoralen Arbeit der Pfarre bewährt hat, zur Priesterweihe vor.

7. Mitsprache bei Bestellung von hauptamtlichen MitarbeiterInnen
Wir möchten bei wichtigen Personalentscheidungen für unsere Pfarre von Anfang an in den Entscheidungsprozeß eingebunden werden. In einem Gespräch mit der Diözesanleitung sollen konkrete Wege dazu gesucht werden.

8. Predigterlaubnis für Laien
Das 1. Weizer Pfarrkonzil trägt an den Bischof den Wunsch heran, daß der Pfarrgemeinderat unter dem Vorsitz des Pfarrers dazu ermächtigt wird, geeigneten Personen das Predigen zu erlauben.

9. Lebendige Gottesdienste
Der Liturgiekreis wird folgende Anliegen weiterbearbeiten: – Architektonische Umgestaltung des Altarraumes – Gestaltungselemente für Kinder – Bearbeitung liturgischer Texte, etc.

10. Vortrags- und Gesprächsreihe
Das Katholische Bildungswerk wird unter dem Thema „Steine des Anstoßes“ Veranstaltungen zu kontroversiellen Themen anbieten.

Brief von Bischof Weber

Graz, am 3. Januar 1996

Grüß Gott!

Am heutigen Tag wurde mir offiziell das Ergebnis der „Weizer Pfingstvision“ und des „1. Weizer Pfarrkonzils“ übergeben.
Ich weiß, daß dahinter eine große mehrjährige Bemühung steht. Besonders denke ich an die verschiedenen Treffen von Jugendlichen und Erwachsenen jeweils zu Pfingsten. Gerade durch sie wurden Hoffnung auf eine gute Zukunft und Liebe zur konkreten Kirche für viele Katholiken erfahrbar.
Dafür danke ich sehr herzlich.

In unserer Kirche bewegt sich sehr viel. Es gibt Phantasie, Wegsuche und auch Ungeduld. Sie ist oft berechtigt, oft wird sie schmerzlich gespürt.
Aber wir sollen darauf vertrauen, daß wir vom Geist Gottes geführt werden. Mitunter finden wir keine rasche Antwort auf brennende Fragen. Aber auch das kann uns helfen, vor Oberflächlichkeit bewahrt zu bleiben und daß wir „den Wurzeln in Gott“ (1. Weizer Pfarrkonzil) nachspüren. Das ist Aufgabe aller, dafür müssen wir voneinander lernen.
Manche Vorschläge berühren die ganze Weltkirche, etwa die Lebensform der Priester. Hier können wir nicht in einer Pfarre, einer Diözese, einem Land einen Sonderweg gehen.
Wohl aber ist es ein Anstoß, daß wir mutig neue Wege der Seelsorge suchen, die aus der Berufung aller Getauften kommen.
Vor allem bin ich dankbar, daß wir immer eine Gemeinsamkeit des gegenseitigen Vertrauens hatten und es so weiter halten werden.
Nicht Unzufriedenheit und Enttäuschung sollen das letze Wort sein, sondern das Miteinander zu einer erneuerten Kirche.

Gott behüte sie alle.

Ihr Bischof Johann Weber

Konziliare Treffen

Die Konziliaren Treffen sind entstanden, als es nach dem Weizer Pfarrkonzil aus ganz Östereich Anfragen gab, diese Erfahrungen weiterzugeben.
Unter der Mitarbeit des Wiener Pastoraltheologen Prof. DDr. Paul M. Zulehner findet jedes Jahr ein solches Treffen statt, zu dem ChristInnen aus ganz Österreich nach Weiz kommen.

1996: Erfahrungen aus dem Weizer Pfarrkonzil
Das erste Konziliare Treffen im März 1996 sollte dazu dienen, die TeilnehmerInnen in den Vorgang des Weizer Pfarrkonzils einzuführen, und damit zu befähigen, ähnliche Prozesse zu initiieren. Zu diesem Zweck wurden dieselben Schritte wie beim Pfarrkonzil gegangen – nur eben mit über 70 Teilnehmern aus ganz Österreich. Dabei ging es um Visionen und konkrete Reformschritte für Pfarren und Gemeinden in Österreich. Das Treffen endete mit dem Wunsch, ähnliche Treffen alljährlich anzuhalten und als offene ökumenische Prozesse mit einer Schwerpunktsetzung fortzuführen. Inhaltlich ergaben sich folgende Themen:

* die Not-Wendigkeit, daß Christen mündig und verantwortlich werden und sich aus Gottes-verwurzelung heraus politisch engagieren.
* Ökumene darf kein „Sonderthema“ sein, sondern ist Grundlage aller pastoralen Arbeit.

1997: Pfarrananlyse
Paul M. Zulehner stellte im 2. Konziliaren Treffen in Weiz ein neu entwickeltes Arbeitsinstrument zur Pfarranalyse vor, das vor Ort mittels Computer erprobt und ausgewertet wurde. Im Anschluß an das Ergebnis des Vorjahres wurde die Pfarre/Gemeinde als Ort der Solidarität in den Mittelpunkt der Überlegungen gerückt: Pfarrgemeinde wird dort als Ort der Solidarität erlebt, wo Menschen sich dafür stark machen, daß möglichst viele Menschen Zugang zu Lebenschancen haben. Es geht darum, daß wir aus dem Bannkreis der Angst übersiedeln in den felsenfesten Glauben, der erst echt gelebte Solidarität möglich macht.

1998: „Stunde 2 nach der Wende“
Die Konziliaren Treffen entwickeln sich zu einer Art „Zukunftswerkstatt“ der Kirche. Auffallend ist die Entwicklung, daß von den 100 TeilnehmerInnen des Treffens die überwiegende Mehrzahl Laien waren. Priester und hauptamtliche Laien, an die sich zuerst unsere Einladung gerichtet hatte, blieben in der Minderheit. Ist das ein Zeichen dafür, daß die Kraft zum Aufbruch von Laien kommt? Ist die Frustration und innere Isolation bei vielen hauptamtlichen MitarbeiterInnen so groß, daß der Schwung von Außen kommen muß?
Zum Treffen kamen auch Gäste aus Deutschland, Polen und Kroatien. Es waren viele kreative ChristInnen, die sich heuer in Weiz getroffen haben, Musiker, ein Märchenerzähler, eine Autorin…
Kirchenreform beginnt bei der Wurzel. Wenn Menschen aus einer urpersönlichen Gotteserfahrung heraus leben, dann geschieht Aufbruch.
Josef Fischer berührte viele mit seiner einfachen, bilderreichen Sprache. Einfach sein Leben leben. Bei sich sein, nicht neben sich. Wesentlich werden können. Kirche als ein Ort, wo mein Leben vorkommen darf, wo man nicht nur oberflächlich miteinander verkehrt.
Diese Alltagsmystik wurde in sehr persönlichen Gruppengesprächen eingeübt.
Das Treffen fand mitten in den innerkirchlichen Wirren der Causa Groer, etc statt. Güther Nenning hatte spontan zugesagt zum Kamingespräch nach Weiz zu kommen. Dieser Abend zeigte, wie in einem Brennspiegel die momentane Situation der Kirche.
Paul Michael Zulehner prägte den Begriff von der „Stunde 2 nach der Wende“. Es gehe jetzt darum nach der Erklärung der 4 Bischöfe zur Causa Groer den Aufbruch bewußt zu gestalten.
Günther Nenning provozierte herauszukommen aus diesen innerkirchlichen Unwichtigkeiten. Es gebe viel Wichtigeres. Die Ungerechtigkeit in der Welt. Ein kühnes soziales Projekt könnte uns weiterhelfen.
Das verletzte manche. Über gewisse Verwundungen kann man nicht so einfach hinweggehen. Ein zweifacher Weg scheint angesagt: Heilung nach Innen und Aufbruch nach Außen. Dieser Aufbruch kommt aber sicher nicht durch schöne, moralische Appelle zustande, sondern durch handfeste Projekte. Der Delegiertentag in Salzburg bietet eine große Chance, wenn zum Schluß evaluierbare Projekte des Aufbruchs stehen.

1999: Liturgie als Gottesgefahr
Zum vierten Mal lud die Pfarre Weiz zu einer kirchlichen Zukunftswerkstatt ein. Der Grazer Liturgiewissenschaftler Philipp Harnoncourt und der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner gingen den Fragen nach, wie unsere Gottesdienste zu Kraftquellen werden und mehr Lebendigkeit ausstrahlen können.

Woran liegt es, dass Gottesdienste oft als kraft- und leblose Veranstaltungen zur Erfüllung der Sonntagspflicht erlebt werden, aber nicht als Feiern des Lebens? Rund 70 Teilnehmer aus ganz Österreich, zum überwiegenden Teil Frauen, überlegten gemeinsam, wie eine Kirche von morgen Gottesdienst feiern kann.
Der Weg Philipp Harnoncourts führte von innen nach außen. Der entscheidende Punkt ist, ob die Liturgie eine Heilserfahrung vermitteln kann. Am Beispiel der Emausjünger deutet Harnoncourt die Lebenserfahrung von Menschen, die sich auf Jesus eingelassen haben, die miteinander unterwegs sind, als Weg vom Unheil zum Heil. Liturgie drück immer eine Bewegung aus und erfordere die innere Bereitschaft, sich wandeln zu lassen. „Wir begehen Feiern und besitzen sie nicht.“ Harnoncourt habe auch „in vorkonziliarer Liturgie tiefe Heilserfahrung erlebt, in mit großer Akribie zusammengestrickten Gottesdiensten aber auch schon mehr Krampf als Heil.“
Feiern heißt für ihn, ein Heilsereignis nicht von der Vergangenheit verschlucken zu lassen, sondern mit ihm gleichzeitig zu werden im Bedenken und Bedanken, weil es den Tod überwindet. Der Auferstandene werde verewigt und darin der ganzen Geschichte präsent. „Vergangenes wird bedacht, weil es Zukunft erschließt“. Feiern ist Zustimmung zum Leben.
Eine Gefahr sieht Harnoncourt darin, „wenn jemand glaubt, in der Liturgie schon alles zu finden“. Der Prüfstand, ob unsere Liturgie taugt, sei die Barmherzigkeit, die Bewährung von Christsein im Alltag.
Paul Zulehner betrachtet Liturgie als einen Ort, sich der Gottesgefahr auszusetzen. Es sei riskant, hinzugehen und sich mit Gott einzulassen. In der Rede von Gott zeigt er drei Gefahren auf: die Verlieblichung, die Verdrohlichung, und die Vernützlichkeit Gottes. Von Johann B. Metz kommt die provokante Frage, ob wir Gott nicht verbürgerlicht haben, aus einem unpassenden Gott einen uns passenden Gott gemacht haben, der niemanden mehr stört? „Den Gott, der umstandslos zu unseren Wünschen und Träumen passt, gibt es nicht.“ Diese Haltung führe zu einer Wellness-Spiritualität. Sich ändern zu lassen, wäre das Unwahrscheinlichere.
Einen Ausweg zeigt Zulehner darin, jenseits von Verdrohlichung und Verlieblichung eine Erfahrung des wirklichen Gottes zu suchen, in die Gottesschule Jesu zu gehen. Kirche von morgen soll die Solidargemeinschaft der Gottessuchenden sein. Die gesamte Liturgie steuere auf Wandlung hin, auf die Umgestaltung der Welt, darauf, „dass ich anders herauskomme, als ich hineingegangen bin.“ Kirche könne nicht als Gemeinschaft spirituell bedürftiger verstanden werden. Vielmehr brauche Gott die Menschen, um seine Schöpfung zu sanieren. „Eine Kirche, die nicht gezeichnet ist von der dienenden Hingabe an die Welt, ist nicht die gewandelte Kirche.“ Die Sanierung der Liturgie habe nur eine Chance, wenn wir uns zuerst nach unserem eigenen Gottesverhältnis fragen. Die zentrale Frage sei, ob ich selbst bereit bin, mich der Gefahr auszusetzen, von Gott verwandelt zu werden.

Alfred Jokesch